Nach einiger Zeit hatte ich mich einmal wieder auf den Weg in Richtung Hauptstadt Berlin aufgemacht, um dort alte Freunde, Bekannte, welche ich sehr lange nicht gesehen hatte, aber auch neue Lokalitäten der Sterneküche zu besuchen. Da heutzutage eine spontane Einkehr in einem Sterne-Restaurant so gut wie unmöglich ist, hatte ich auch einige Wochen vorher für zwei Lokale an zwei aufeinanderfolgenden Abenden in Berlin-Kreuzberg reserviert. Der erste Abend, den ich hier beschreiben will führte mich in das Lokal Tulus Lotrec, welches wie schon erwähnt in Kreuzberg liegt, und in einer Straße liegt, wo fast ausschließlich Wohnhäuser anzutreffen sind. Geöffnet wird um 19 Uhr, was für mich auch die Reservierungszeit war. Doch ca. 10 Minuten vor dieser Zeit war das Lokal noch ziemlich Dinkel, die Rollläden heruntergelassen und ich war mir schon unsicher, ob da alles in Ordnung geht. So sah das dann bei Dunkelheit von der Strasse her aus:
Es war also geöffnet, kurz nach 19 Uhr, und ich wurde auch entsprechend freundlich empfangen. Das Lokal besteht gerade einmal aus drei Räumen, welche vielleicht ca. 40 Gäste empfangen kann. Im Eingangsbereich eine große Bar, hinter der bereits geschäftiges Treiben herrschte. Und selber wurde ich dann in einen schlicht dekorierten Raum links davon geführt, wo ich auf dem Platz den ich einnehmen konnte meinen Namen auf dem Tisch geschrieben lesen konnte. Das ist mal eine sehr persönliche Begrüßung, welche die kleine Wartezeit vor der Tür zumindest individuell persönlich wieder etwas entschädigt.
Ich sehe mich um, bekomme auch bald eine Speisekarte gereicht und interessiere mich für die diversen Menüfolgen. Ein Blick aus dem Türrahmen, den ich gerade erst durchschritten hatte zeigt mir hinter der Bar im Nachbarraum das bereits weit verbreitete Dekor des Tubus Lotrechtesten mit den „Urwaldtapeten“, welche einige der Leute im Service auch als Kleidung im gleichen Dekor tragen.
Dann ging es an die Menüauswahl, wo ich mir eine Folge aus 6 Gängen aussuchte, welche für mich allerdings ohne Weinbegleitung sein sollten. Mit Weinbegleitung des Lokals hatte ich in den vergangenen Jahren meist zu viele Ausreißer in Richtungen der Weinbegleitung, die mir überhaupt nicht paßten. Dafür wählte ich hier zunächst einmal als Einstieg einen Sparkling Sake, der sehr gut zum Amuse Bouche paßte.
Die weitere Weinauswahl ist dann an diesem Abend für mich nicht mehr so relevant gewesen, denn ich wollte mich auf die Speisenfolge konzentrieren. Es geht los mit einem frittierten Pizzateig mit Thunfisch. Zwei Komponenten die für mich in dieser Kombination überhaupt nicht zusammenpaßten, wenn auch die einzelnen Teile für sich stimmig waren.
Der zweite Gang hörte sich vom Namen her schon mal recht interessant an, denn es sollte Jakobsmuscheln in Dashi mit Miso geben. Ebenso konnte dann die Präsentation diesen Ganges überzeugen und war geschmacklich auch recht gut aufeinander abgestimmt.
Auch der nächste Gang file in die Kategorie Meeresfrüchte und alles was da so schwimmt in den Meeren. Steinbutt mit Wintertrüffel, der sich nicht zu aufdringlich gegenüber dem Fisch zeigte, und so auch zur Abrundung des Ganges beitragen konnte.
Hier mußte ich allerdings bemerken, das die Auswahl des Geschirrs, im Gegensatz zu den Amuse Bouches und der ersten Vorspeise, welche von Hering Berlin waren, ich überhaupt nicht einverstanden war. Dann folgte der nächste Gang als Kaisergranat angekündigt, der sich auf der schwarzen Platte in einer feinen Essenz so präsentierte, das man ihn eher mit den Händen gerne gegessen hätte.
Damit waren die Vorspeisen also albgevespert und es sollte zum Hauptgang kommen, der als Taubenvariation angekündigt war. Für mich war es eher ein dreierlei von der Taube, welche allerdings geschmacklich und auch von der Garstufe sehr fein und absolut elegant auf dem Teller serviert wurde. Dazu kam noch eine sehr stark eingekochte Consommée mit einem Eierstich, der recht spät zum Hauptgang serviert wurde, oder ich hatte es nicht verstanden, das diese Consommée so als Nachgang zum Hauptgang serviert wurde.
Wieder dieses unsägliche Dekor auf dem Teller. Aber es geht ja ums Produkt, was daraufleget und zubereitet wurde. Das war dann wirklich der beste Gang in der Menüfolge und konnte mich durchaus überzeugen. Was allerdings garnicht paßte, war der anschließende kleine Topf mit dem Consommée und dem Eierstich der sämtliche Geschmacksnerven aus dem Taubengang wieder zunichte machte. Viel zu kräftig und recht scharf in der Konsistenz, sehr heiß auf den Tisch gebracht, was aber den Gesamteindruck dieser Reihenfolge nicht verbesserte.
Als Abschluss der Menüfolge gab es bei mir dann ein so angekündigtes Kartoffelgratin, welches ich in einer kleinen Pfanne, auf Stroh serviert bekam, wo ich mehrfach mich umsehen mußte, wer oder was denn da plötzlich so brenzlich riechen konnte. Bis ich dahinter kam, das die kleine heiße Pfanne mit dem Kartoffelgratin auf dem Stroh die Halme schon so stark angekoppelt hatte, das sich ein starker und kräftiger brenzlicher Geruch breit machte. Das war so wohl gewollt. Wirklich? Na ja, ich wollte den Service in der Sache nicht weiter fragen, und dachte mir so meinen Teil, denn das Kartoffelgratin war für mich der absolut schwächste Gang in der gesamten Reihenfolge. In feinster Weise einer Kartoffelspeise würdig.
Leider war das also der „krönende“ Abschluss und ich bestellte mir noch einen Espresso, wozu es noch zwei kleine Petit four aus der Patisserie des Hauses geben sollte, die recht locker und fein daherkamen.
Mein Fazit zu diesem Lokal, welches nach Michelin Bewertung 1 Stern hat, ist, wie bereits in der Überschrift erwähnt recht ambivalent. Einige feine und recht schrecklich gut abgerundete Vorspeisen aus der Richtung Fisch- und Meeresfrüchte, aber auch deutliche Ausreißer mit dem Kartoffelgratin, welches nur ein Abklatsch seiner selbst war. Das Lokal hat eine angenehme Atmosphäre und der Service ist durchaus recht gut und entgegenkommend. Mein Gesamturteil: 16/20.
Ergänzung zu meinem Besuch im Februar im Tulus Lotrec. Jürgen Dolles hat in seinem blog eine Würdigung zu Max Stroh, dem Koch im Tulus Lotrec geschrieben, die für die derzeitige Corona Zeit sehr beispielhaft für aktive Unterstützung von Helfern, aber auch kreative Aktivitäten aus der geschlossenen Gastronomie stehen kann. Hier der link zum Artikel:
Warum Max Stroh gerade sehr viel Gutes tut. Eine Würdigung von Jürgen Dollase.